Irma Gottmann!Sie muss vom Teufel geritten worden sein. Sie schaut dich an und du weißt, dass diese Gedanken, die sie hat dich in einen stinkenden Schlund spülen werden. Du bist fest davon überzeugt. Du wappnest dich. Du nimmst dir vor „nein“ zu sagen. Doch dann schaut dich dieses Mädchen an und du zerbrichst. Deine Vorsätze – weg, zerborsten. Dir läuft eine Gänsehaut, die sich wie 1000 Nadeln aus der Hölle anfühlt über den ganzen Körper, wenn du dich selbst „ja“ sagen hörst.
Dabei bist du ein gestandener Mann. Im Krieg warst du ein Offizier und hast die Truppenbewegungen mit geplant und die Daten, die an dich herangetragen wurden zu Karten zusammengesetzt, die fast so genau waren, als ob du diese bei einem gemütlichen Sonntagsspaziergang angefertigt hättest.
Der Krieg selbst hat deine Ehe mit deiner Frau Siglinde auf eine harte Probe gestellt. Sie war ständig in Sorge, dass du an der Westfront der Menschenmühle zum Opfer fällst. Als sie dann von dir hören musste, dass du im Sommer 1915 zur Lorettoschlacht abkommandiert wurdest, die bereits seit einem halben Jahr tobte ohne ein nennenswertes Ergebnis vorweisen zu können. Soldaten starben zu hunderten – jeden Tag. Wie du aus dieser Hölle herausgekommen bist wird für immer ein Rätsel bleiben. Bessere Soldaten als du haben den Tod bitterlich gefunden, schlechtere auch. Es würde dich nicht wundern, wenn dein Glück für dieses Leben aufgebraucht ist.
Nach dem Krieg bist du wieder in die Arme deiner Frau zurückgekehrt. Ihr beide konntet es nicht fassen, dass ihr euch wieder habt. Doch musstet ihr leider feststellen, dass ein anderer aus dem Krieg zurückgekehrt war, der zwar genau so aussah, wie du, aber nicht der gleiche war. Nach und nach kehrte wieder Normalität in dein Leben ein und Schritt für Schritt kehrte so auch der Mann wieder, der in den Krieg gezogen war. Die Ehe mit deiner Frau blühte wieder auf. Bis dass sie den Kinderwunsch äußerte. Egal was du probiertest oder auch sie, nichts half. Siglinde wurde nicht schwanger.
Zwei Jahre hattet ihr es versucht und weitere zwei Jahre hat es gedauert, dass der dunkle Schatten des Versagens von euch glitt.
Mittlerweile hattest du eine Anstellung als Dozent an der TU München und warst jemand. Du verdientest gutes Geld und euer Leben geriet in zufriedene Bahnen. Das Häuschen am Münchner Stadtrand, der Garten und das Auto machten schon so einiges her.
Und dann nach vielen ruhigen Jahren trat Irma Gottmann in dein Leben. Sie wickelte dich um ihren kleinen Finger und zog dich in ihr Bett, auf deinen Schreibtisch, dort hin, wo es ihr passte. Sie drohte damit alles auffliegen zu lassen, wenn du sie nicht regelmäßig bestiegst. Dein Herz drohte zu zerspringen. Wenn du die Finger von ihr nahmst, würde sie das Herz deiner Frau brechen und alles, was ihr euch aufgebaut hattet, den Frieden, den ihr in der Welt gefunden hattet, würde wieder weggewischt werden. So warst du ihr hörig und musstest nach ihrer Pfeife tanzen und unzucht mit ihr treiben.
Professor Moore schrieb dich an. Du kanntest den Mann nicht. Er war Forscher an der Arkham University, Geologie und Paläontologie waren seine Gefilde. Er plant eine Expedition in die Antarktis. Die Vorangegangene Mannschaft hatte vor zwei Jahren bahnbrechende Funde gemacht, die die bisherige Entwicklungsgeschichte stark in Frage stellte. Doch wurde sie Hals über Kopf abgebrochen. Viele der Männer hatten ihre Leben im Eis gelassen. Dyer, ein Kollege von Moore hatte die Reise überlebt, war aber spurlos verschwunden und hatte, so beschrieb es Moore in seinen Briefen „ein im Höchstmaß ungewöhnliches und teilweise ungebührliches Verhalten an den Tag gelegt, so dass auf seine geistigen Fähigkeiten ein schwerer Schlag nieder gegangen sein muss.“
Dieser Expedition zu folgen war überhaupt nicht in Frage gekommen. Doch war es die Gelegenheit sich aus dem Einzugskreis dieser Gottmann zu entkommen. Aber als sie dann auch noch forderte mit zu kommen, war der Plan schnell gefasst: Mit ein wenig Glück würde sie erfrieren, verhungern oder in eine Gletscherspalte stürzen. Falls nicht könnte man ja ein wenig nachhelfen.